Lipa... - was? Die Liparischen Inseln – auch Äolische Inseln genannt – sind weitestgehend unbekannt. Doch sie liegen fast direkt vor unserer Nase, vor der Nordküste der größten italienischen Insel Sizilien. Auf den 7 Schwesterinseln gibt es „Sonne satt“, aktive Vulkane, malerische Dörfer, beeindruckende Wanderwege und unberührte Natur.
Die 7 Inseln bestehen aus Lipari, der Hauptinsel, die am ehesten touristische Strukturen aufweist und meist als Ausgangspunkt zum Erkunden der anderen Inseln dient. Die Vulkaninsel Vulcano bietet einen spektakulären Krater und ein heilendes Schlammbad, die Insel Salina hingegen ist bekannt für ihre Kapernfrüchte. Stromboli, der aktivste Vulkan Europas, lockt die Abenteurer, auf Panarea geht es hingegen etwas schicker zu und wird deshalb das „Saint-Tropez“ der Inseln genannt. Alicudi und Filicudi sind die beiden unberührtesten Inseln der Inselgruppe.
Die Fahrt in den Hafen von Lipari lässt jedes Italienliebhaberherz höherschlagen: Das blaue Wasser, die kleinen bunten Häuschen, der alter Palazzo am Felsen und dann liegt da noch dieser mediterrane Duft in der Luft...
Die Hauptinsel der gleichnamigen Inselgruppe beherbergt ca. 10.000 Einwohner und ist damit sehr überschaubar. Große Hotelanlagen und Touristenbusse sucht man hier vergeblich – ein El Dorado für Individualreisende. In der Stadt gibt es einige nette kleine Pensionen und Apartments, wer im Zelt oder im Camper übernachten möchte, findet im benachbarten Ort Canneto den einzigen Campingplatz der Insel. Zwischen Canneto und Lipari Stadt verkehren regelmäßig kleine Linienbusse, man kann die Strecke aber auch gut laufen.
Lipari Stadt besticht vor allem durch den typisch italienischen Charme: Die kleinen Gassen der Stadt laden zum Bummeln ein, überall gibt es kleine Geschäfte mit Kunsthandwerken, wie handgetöpfertes Geschirr, geflochtene Körbe und Schmuck aus geschliffenem Obsidianstein, der besonders berühmt ist für die Insel.
Wer das Dolce Vita entspannt bei einer Tasse Kaffee genießen möchte, kann sich in der kleinen Einkaufsmeile oder direkt am kleinen Fischerhafen („Marina Corta“) niederlassen.
Eine Mischung aus Eis-Sorbet und dem berühmten Frappuccino von Starbucks. Sie wird mit Löffel und Strohhalm serviert, sodass sie getrunken und gegessen werden kann. Granita ist DIE Spezialität schlechthin. Außer auf den Liparischen Inseln ist sie nämlich nur vereinzelt auf Sizilien und in Kalabrien zu bekommen. Es gibt die Granita in verschiedenen Geschmackssorten. Die für die Insel berühmtesten sind Pistazie und Mandel. Ein liparisches Frühstück besteht im Übrigen aus einer Kaffeegranita mit viel süßer Sahne on top und einem Cornetto (italienisches Hefebrötchen). Für den deutschen Magen ist dieses Frühstück zwar gewöhnungsbedürftig, aber Naschkatzen werden Gefallen daran finden.
Die beste Granita und das beste Eis gibt es im Fischerhafen von Lipari im „Gabbiano“ von Inhaber Bartholo.
Ähnlich gute Granita serviert nur Alfredo an der Küstenpromenade in Lingua auf der Nachbarinsel Salina.
Für alle Liebhaber von fangfrischem Fisch gibt es noch einen Tipp: Jeden Morgen legen die Fischer am „großen“ Fährhafen von Lipari an und verkaufen die leckeren Mittelmeer-Fische direkt vom Boot.
Wer mit dem eigenen Auto anreist, sollte sich unbedingt die Zeit nehmen und eine Inselrundfahrt machen. Ohne eigenes Auto kann man sich auch einen Roller mieten – es lohnt sich! Denn hinter jeder Kurve wartet ein schöner Aussichtspunkt auf das azurblaue Meer und auf die Nachbarinseln, die alle vulkanischen Ursprungs sind. Nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus und erkennt die einzelnen Inseln an ihrer Form: Salina hat zwei große Bergkegel, die meist von Wolken umgeben sind, Vulcano zeigt einen großen runden Krater, den Stromboli erkennt man immer anhand der von ihm ausgehenden Rauchwolke, Panarea liegt direkt vor dem Stromboli und Filicudi und Alicudi sind nur an besonders klaren Tagen in der Ferne zu sehen. Zwei besonders erwähnenswerte Aussichtspunkte auf der Insel Lipari sind die „Chiesa Veccia“ und der berühmte Aussichtspunkt „Quattrocchi“ mit der Agave, die fast schon künstlich inszeniert wirkt.
Im Hafen von Lipari starten alle Ausflugsboote und Fähren zu den umliegenden Inseln.
Dieser spuckt ungefähr alle 15 Minuten Schwefel, Geröll und Lava und ist wohl die spektakulärste Attraktion der kleinen Inselgruppe. Denn es ist möglich, das Spektakel des Vulkanausbruchs aus nächster Nähe zu betrachten. Beliebt ist dabei vor allem die „Stromboli by Night“ Tour. Von der Hauptinsel Lipari fahren einige Ausflugsboote ca. 2 Stunden zum Stromboli, oftmals mit einem Zwischenstopp in Panarea oder in Stromboli-Stadt. Wenn die Dämmerung beginnt, geht es wieder aufs Boot und man umrundet die Insel des Stromboli und hält im Wasser auf der Kraterseite an. Mit etwas Glück kann man ein fantastisches Foto schießen, auf dem die rote Lava wie in einem Film in die Luft spritzt.
Da die Liparischen Inseln ein Ziel für Abenteurer sind, gibt es selbstverständlich noch eine reizvollere Gelegenheit um den Vulkanausbruch hautnah zu erleben. Und zwar, indem man den Vulkan besteigt und auf dem Gipfel den Vulkanausbruch des unteren Kraters beobachtet! Dies ist jedoch nur mit einem Bergführer möglich! Startpunkt für diese Tour ist auch hier der Hafen von Lipari. In einer Gruppe von 10-20 Personen geht es mit dem Boot auf zum Stromboli. Auf dem Weg wird auf Höhe Panarea gerne ein kurzer Badestopp im glasklaren Wasser eingelegt. Das Boot wird auf der Fahrt oft von einer Gruppe Delphinen eskortiert, die bei den Gästen durch ihre elegante Schwimmweise Begeisterung auslösen. Auf Stromboli angekommen wird man mit der notwendigen Ausrüstung versehen: ein Helm gegen mögliche Geröllerosionen und feste Wanderschuhe sind unbedingt erforderlich! Dann beginnt der Aufstieg der 930 Höhenmeter: Die Wege führen erst durch Schilf, dann durch Wald und je höher man kommt, desto karger wird die Vegetation. Der schwarze Lavastein und Lava Sand bedeckt am Ende den kompletten Gipfel. Nach circa drei Stunden Aufstieg ist der Gipfel erreicht und man kann den Vulkanausbruch „genießen“. Zunächst ist ein Grollen zu hören, wie bei einem Gewitter, dann schießt eine graue Rauchwolke nach oben und der Geruch von Schwefel liegt in der Luft. An manchen Tagen sieht man die rote Lava spritzen wie Blut in einem schlechten Horrorfilm, an anderen Tagen sind die Ausbrüche eher weniger intensiv und man sieht mit etwas Glück einige rote Funken zwischen dem Rauch. Der Abstieg nach unten auf der „Ascheseite“ ist recht beschwerlich, denn man sinkt sehr tief in den schwarzen Sand hinein. Diese Attraktion ist somit nur bei guter körperlicher Kondition zu empfehlen aber auf jeden Fall ein unvergleichliches Erlebnis.
Aus dem Namen ist schon zu erkennen, dass auf dieser Insel früher Salz abgebaut wurde. Die Salzgruben wurden mittlerweile geschlossen und dafür Arbeitsplätze im Bereich Tourismus geschaffen. Heute ist Salina nicht mehr für das Salz bekannt, sondern für zwei berühmte Spezialitäten: zum einen die Kapern. Man sagt die weltweit besten Kapern kommen von Salina. Es gibt diese in unterschiedlichen Größen, die mittlere Größe ist am aromatischsten. Eine Delikatesse, die in Deutschland recht unbekannt ist, ist der Kapernapfel. Die Kaper ist die geschlossene Blütenknospe, wohingegen der Kapernapfel bereits von der Blüte zur Frucht gewachsen ist und später geerntet wird und daher vom Geschmack besonders intensiv ist.
Eine zweite Spezialität der Insel ist der Malvasia Wein. Vor hunderten von Jahren wurde der Malvasia Wein bereits auf der Insel angebaut – doch aufgrund einer besonders hartnäckigen Reblaus wurde die komplette Weinsorte ausgelöscht. Vor einigen Jahren baute einer der Traditionswinzer der Insel diese besondere Sorte wieder an und viele folgten ihm. Das Besondere: Die Weintrauben werden nach der Ernte in der Sonne getrocknet. Daher kommt das besonders süße Aroma des Weines, der im Geschmack stark an Rosinen erinnert.
Eine weitere Spezialität der Insel kann an der Küstenpromenade im Ort Lingua, z. B. bei Alfredo, gegessen werden. Sie nennt sich „Pane Cunzato“ und war früher das Essen für arme Leute. Es wurden hierfür alte Brotscheiben mit frischem Gemüse belegt. Heute wird der Boden frisch gemacht und mit besonderen Leckereien, wie Rucola, Parmesan oder Schinken, belegt und ist eine unglaublich leckere Alternative zur Pizza, die man allerdings fast ausschließlich auf den Liparischen Inseln erhält.
Egal ob man den Vulkankrater von unten oder von oben betrachtet – er sieht aus wie ein modelliertes Bühnenbild. Dass es sich dabei aber nicht um Plastik, sondern um echten Lava Sand und heißen Schwefel handelt, davon kann man sich selbst überzeugen. Der Besuch der Insel Vulcano sollte auf jeder To-Do Liste beim Besuch der Inselgruppe stehen. Die Insel ist in wenigen Minuten mit der Fähre von Lipari zu erreichen und es braucht im Gegensatz zu Stromboli keinen Bergführer oder sportliche Kondition um ihn zu erklimmen. Da der Aufstieg aber steinig und rutschig ist, sollte man trotzdem auf festes Schuhwerk zurückgreifen.
Am Hafen von Vulcano angekommen, bekommt man gleich eine feine Brise Schwefelgeruch um die Nase geweht. Denn Vulcano ist ein sogenannter ruhender Vulkan. Der letzte Ausbruch ist schon über einhundert Jahre her, doch der Vulkan produziert weiterhin Schwefelgase weshalb damit zu rechnen ist, dass innerhalb der nächsten 100-200 Jahre ein erneuter Ausbruch stattfinden kann. Der Besuch ist dank genauester Überwachung von Wissenschaftlern jedoch völlig unbedenklich.
Vom Hafen aus geht es geradewegs auf den großen Kegel hinauf. Oben angekommen, bietet sich eine unglaubliche Kulisse. Ein tiefer Krater (bitte nicht hinuntersteigen!) und das Meer im Hintergrund. Die aktiven Schwefeldrüsen zischen, werfen Rauch aus und bilden eine tolle Möglichkeit um besondere Bilder zu machen. Aber Achtung: Die Schwefeldämpfe sind heiß und es besteht die Möglichkeit, dass die Kleidung durch die ätzenden Gase Schaden nimmt.
Eine weitere Attraktion auf Vulcano ist das vulkanische Schlammbad. Durch die vulkanische Aktivität ist das Wasser, oder besser gesagt der Schlamm, angenehme 35°C warm. Das Plantschen macht nicht nur Spaß, sondern hat auch weitere entscheidende Vorteile. Zum einen gilt es fördernd für die Schönheit, insbesondere für die Haut (nachdem der Schlamm wieder entfernt ist), zum anderen ist der Schlamm fördernd für die Gesundheit. Ein Inselmediziner behandelt beispielsweise Rheuma und Arthrose mit der Schlammkur. Aber Vorsicht: Da der Schlamm durch die Schwefelgase erhitzt wird, riecht er auch entsprechend. Es ist also nicht ratsam den Schlamm in die Haare oder den Bart zu verteilen, da der Geruch sonst mehrere Tage haften bleibt.
Egal ob als Wochenendausflug von Sizilien oder Kalabrien aus, oder als zweiwöchiger Aktivurlaub: Die Liparischen Inseln überzeugen mit unvergleichlichen Naturschauspielen, kulinarischen Verführungen sowie einer Gelassenheit und Ursprünglichkeit, wie sie kaum noch sonst in Italien zu finden ist. Wer sein Herz in Italien verliert, der wird es auf den Liparischen Inseln auf ewig hergeben.
Text & Fotos: Laura Kohlmann (Reiseredakteurin des m.w. Verlags).